Ich habe mich im April 2009, als ich auf einem Schüleraustausch in den USA war, bei Facebook angemeldet. Damals waren schülerVZ, studiVZ und WerKenntWen in Deutschland die populärsten sozialen Medien. Ich kann mich noch erinnern, wie ich damals etwas skeptisch dem amerikanischen Netzwerk beäugte, es aber dennoch betrat, um mit den Highschool-Kids auch virtuell in Kontakt treten zu können. Einmal eingeloggt merkte ich schnell, dass der Aufbau ein komplett anderer war: Um Neuigkeiten von seinen Freunden zu erfahren, musste man nicht – wie bei den deutschen Anbietern – die jeweiligen Profile besuchen, sondern bekam sie direkt im Newsfeed angezeigt. Beim Betrachten all der Nachrichten und Trennungen kam ich mir sehr voyeuristisch vor. Heute ist das für mich selbstverständlich, fast schon nicht wegzudenken.
Schon lange beherrscht Facebook nicht nur den Markt, sondern hat sich mit dem Kauf von Instragram und WhatsApp auf weitere Dienste erweitert. Immer wieder habe ich Meldungen verfolgen müssen, die mein Vertrauen in Netzwerkgiganten haben schrumpfen lassen. Dabei war das größte Thema, das stets auftauchte, der Datenschutz. 2012 soll Facebook an mehr als einer halbe Millionen Nutzern psychologische Experimente durchgeführt haben, indem der Newsfeed manipuliert wurde, sodass beim Nutzer positive und negative Emotionen hervorgerufen wurden. Zudem würden Hate-Speech geduldet und eine gewisse Filterblase erzeugt. Das bedeutet, dass nach Klick-Verhalten verwandte Informationen geschaltet werden, die dem Nutzer oder der Nutzerin gefallen könnten. Dies wiederum – so die Kritik – sorge für eine einseitige Wahrnehmung der Geschehnisse. Vor allem dieser Vorwurf machte mir zu schaffen. Befinde ich mich in einem Strudel von Informationen, die nur einen Bruchteil der Realität widerspiegeln?
Als der Skandal um Cambridge Analytica publik wurde war ich schockiert. Das 2014 in den Staaten gegründete Unternehmen, hatte mithilfe einer App, die einen finanziellen Anreiz bot, Facebooknutzer:innen dazu gebracht, einen Persönlichkeitstest zu absolvieren. Ohne deren Kenntnis wurde ihr Profil mit den ermittelten Ergebnissen verknüpft und im US-Wahlkampf 2016 verwendet. Die Datensätze wurden um Informationen wie Adresse, Telefonnummer und Kreditkartenaktivitäten erweitert und gezielt eingesetzt. Ein Beispiel stellt das Waffengesetz dar. Nutzer:innen, die offensichtlich für einen freizügigen Umgang mit Schusswaffen waren, bekamen im sozialen Netzwerk Werbeanzeigen geschaltet, bei dem etwa ein Vater seinem Sohn das Jagen lehrt. Solchen aber, die eher als ablehnend und ängstlich eingeschätzt wurden, wurde Wahlwerbung angezeigt, die vor Einbrüchen warnt und eine Lösung durch Waffenbesitz suggeriert. Dieses so genannte Mikrotargeting wurde bereits im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2008 verwendet. Nun stellt sich die Frage, ob solche Strategien im Umgang mit gewaltigen Datensätzen dafür sorgen, dass die Bedürfnisse der Wähler:innen von Regierenden eher gehört werden oder sie ein Mittel sind, um Wahlen für sich zu entscheiden. Obwohl es gegen Vorgehensweisen dieser Art in Europa Gesetze gibt, sprechen viele Anzeichen dafür, dass Mikrotargeting beim Brexit-Referendum im Juni 2016 eine Rolle gespielt hat. Dabei wurde trotz bekannter wirtschaftlicher Einbußen in Milliardenhöhe für einen Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Doch was bedeutet das für mich? Ich möchte doch weiterhin mit meinen Freunden aus den USA in Kontakt bleiben, manchmal neugierig sein und Hochzeitsbilder anschauen.
Das Sammeln meiner Daten geht weiter. Mittlerweile sind es 269 Megabyte, die Facebook von mir gespeichert hat. Das klingt nicht viel, doch sind das fast zehn Jahre an verlinkten Bildern, geteilten Gedanken und intimer Dialoge. Das alles ist Kommunikation mit Freunden, Verwandten und Partnern, dich ich ungern in den Händen Fremder sehen möchte. Und dennoch bleibe ich angemeldet; wohlwissend, dass die Anwendung pixel data meine Browserhistory sammelt und ich in einer Customed Audience maßgeschneiderte Werbung geschaltet bekomme.
Doch es gibt einige Maßnahmen, die ich getroffen habe, um mich etwas sicherer zu fühlen:
- Ich habe auf meinem Laptop und Handy ein Ad-Blocker installiert, der Tracking verhindert (hier ist der laut Stiftung Warentest beste https://www.ublock.org).
- Ich habe die Werbe-ID auf meinem Handy, die Mikrotargeting auch jenseits von sozialen Netzwerken ermöglicht, zurückgesetzt und gelöscht (Android https://praxistipps.chip.de/android-werbe-id-zuruecksetzen-und-loeschen-so-gehts_49995 Ios https://www.checked4you.de/handy-telefon/apps/app-und-ad-tracking-für-android-und-ios-deaktivieren-351073).
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