Dezember 2018. „Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an Europa denkst?“, fragt er mich, so aus dem Nichts. Es trifft mich unerwartet. Ich stocke, runzle die Stirn und beginne meinen Mund zu öffnen, um ihn unmittelbar danach wieder zu schließen. „So ganz spontan jetzt!“, forderte er mich heraus. Spontan. Jetzt. Okay. „Reisefreiheit.“, antwortete ich entschlossener als beabsichtigt. Ich blickte in ein zufrieden grinsendes Gesicht und hörte ein „Ja, zum Beispiel…richtig!“. Richtig! Richtig? Meine Antwort ist eine Momentaufnahme, meine eigene Meinung, die weder objektiv noch allgemeingültig sein muss – gibt es auf diese Frage überhaupt ein „richtig“ oder gar ein „falsch“?
Mittlerweile ist ein gutes halbes Jahr vergangen und die Frage scheint nun präsenter denn je zu sein. Am Sonntag, den 26. Mai 2019, findet in Deutschland die Wahl des Europäischen Parlamentes statt. In Bezug auf die bevorstehende Europawahl, findet ihr auf dem Blog einen interessanten Beitrag. Falls ihr ihn verpasst habt, könnt ihr ihn hier nachlesen.
Wenn ich nun mein näheres Umfeld frage, scheinen wir auf denselben Nenner zu kommen. Es fallen Begriffe wie Solidarität, Toleranz, (berufliche) Unabhängigkeit uvm. Das sind alles Werte, die für Europa stehen und Werte, die noch mehr im Vordergrund stehen könnten. Doch welche Meinung vertreten die Menschen, die nicht zu meiner unmittelbaren sozialen Blase angehören? Welche Meinung haben sie in Zeiten von rechtspopulistischen Erfolgen in und um Europa herum?
In diesem Kontext bin ich auf drei bemerkenswerte Menschen gestoßen: Ina Bierfreund, Felix Hartge und Tim Noetzel. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, alle europäischen Länder zu bereisen, um mit vielen kontaktfreudigen EuropäerInnen ins Gespräch zu kommen. Angesprochen mit den Worten „What do you think about the European Union?“ ließen sich viele Menschen, egal ob jung oder alt, aus allen sozialen Milieus, auf ein solches Gespräch mit ihnen ein. Mit ihrem selbst umgebauten Lieferwagen, den sie liebevoll „Oswald“ getauft haben, bereisen sie seit ca. neun Monaten die europäischen Landschaften, führen Interviews, entdecken viel von der Natur und über sich selbst. Ihre Motivation für ihre (politische) Reise begründen sie darin, dass sie mit ihrem Projekt „Driving Europe“ sich einen genaueren Eindruck von Europa und dessen BewohnerInnen verschaffen wollen, um mit Menschen aus allen Mitgliedsländern zu sprechen, um deren Gedanken, Frust und Hoffnungen gegenüber der EU ein Gesicht zu geben. Ina, Felix und Tim zeigen, dass Mut und Abenteuerlust mit Erfahrungsreichtum belohnt wird. Sie machen das scheinbar Unmögliche möglich, in dem sie „fremden“ Menschen zuhören, sie ernst nehmen und mit ihnen auf vertrauensvoller Ebene zusammenkommen. Auf ihrem Blog gewähren sie einen Einblick in die Routen und Länder, in denen sie sich aufhielten. Die aufgezeichneten Gespräche möchten sie in Form eines Dokumentarfilms festhalten und der Öffentlichkeit, in einigen deutschen Kinos, ab September dieses Jahres zeigen. Zu dem fertigen Trailer (dreisprachig: Deutsch, Englisch und Französisch) gelangt ihr hier – Viel Spaß beim Reinschauen!